Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Irgendwie anders

Bilderbücher für Kinder können mich begeistern. Sie sind oft mit viel Liebe und Können gemacht und durch die Verbindung von kurzen Texten mit ansprechenden Bildern geben sie viel Freiraum und Anregung zur Deutung. Nicht nur für kleine Leute. Eines dieser Bilderbücher heißt: Irgendwie Anders. Die britische Lektorin und Kinderbuchautorin Kathryn Cave hat es mit dem Illustrator Chris Riddell zusammen veröffentlicht und dafür einen UNESCO-Preis erhalten. Im Klappentext lesen wir:

So sehr er sich auch bemühte wie die anderen zu sein, Irgendwie Anders war irgendwie anders. Deswegen lebte er auch ganz allein auf einem hohen Berg und hatte keinen einzigen Freund. Bis eines Tages ein seltsames Etwas vor seiner Tür stand. Das sah ganz anders aus als Irgendwie Anders, aber es behauptete, genau wie er zu sein.“

Die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Lebewesen, die beide irgendwie anders sind. Das Bilderbuch vermittelt die Hoffnung, dass Anderssein nicht in Traurigkeit und Einsamkeit führen muss.
Seit einigen Wochen besteht gesetzlich die Möglichkeit, bei der Geburt eines Kindes keine geschlechtliche Zuordnung, männlich oder weiblich, vornehmen zu müssen. Der neue Paragraf 22 des Personenstandsrechts lautet:

Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.“

Das klingt nach Fortschritt und nach Umsetzung von Geschlechterforschung auf politischer Ebene. Diese Neugeborenen, um die es hier geht, sind irgendwie anders. Durch gesetzliche Regelungen allein kann aber noch keine gesellschaftliche Anerkennung erreicht werden. Kritiker der Gesetzesänderung weisen darauf hin, dass durch die Einordung eines Kindes als geschlechtlich neutral der Druck auf die Eltern erhöht werden könnte, noch im Säuglingsalter eine operative Lösung zu wählen. Bevor dieses Kind sich entwickeln und selbst entscheiden kann, wird dann durch eine Operation eine Zuordnung zu Mann oder Frau hergestellt.Es gibt viele Beispiele wie wir im Persönlichen wie auch im Öffentlichen Anderssein beurteilen. Manchmal brauchen wir wohl auch Klischees wie das „Dirndl“ und die „Lederhosn“, die im Zuge des Oktoberfestes, der Wies`n – Zeit, im September vor der Tür stehen. Manchmal tut es gut, so sichtbar dazu zu gehören. Unter all den Dirndln und Lederhosen findet sich aber immer ein bestimmter Mensch, der auch irgendwie anders ist. Die christlichen Kirchen haben sich in ihrer Geschichte nicht leicht damit getan, Anderssein anzuerkennen. Allzu oft wurde Anderssein mit „ Sünde“ und damit mit dem, was uns von Gott entfernt, in Verbindung gebracht. Hier hat in den letzten Jahrzehnten, ja Jahrhunderten, ein wichtiger Lernprozess begonnen und dieser dauert noch an. Es gibt keinen Weg zurück in eine Position, die ein Anderssein als solches ausgrenzt und abwertet.Damit ist auch eine grundsätzliche Anerkennung verschiedener religiöser Glaubensrichtungen verbunden. Im Dialog der Konfessionen und Religionen sollte die Verschiedenheit nicht nur negativ gesehen werden. Hier beginnt es interessant zu werden. Ich wünsche mir eine streitbare Kirche, die nach innen und nach außen das Gespräch sucht. Eine Kirche, die nicht alles harmonisiert und vereinheitlicht. Eine Kirche, die sich traut, irgendwie anders zu sein.

Dr. Iris Kreile