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Leben nach Rezept

Wir leben nach Rezepten! „Man nehme...“ entsprechende Zutaten, mische sie, halte sich an die Anweisungen und schon ist das Gelingen kein Problem mehr. Jeder kann alles, wenn er sich nur an das Rezept hält. So versprechen es Packungsbeilagen und Tütenaufdrucke. In Kochsendungen wird vorgeführt, wie leicht alles von der Hand geht.

Modernes Leben scheint nach Rezepten zu funktionieren, und das nicht nur beim Kochen. Rezepte gibt es beinahe für alle Bereiche unseres Lebens: für das Erziehen von Kindern oder eine gute Beziehung, für die richtige Kommunikation oder erfolgreiche Finanzgeschäfte, für ein gesundes Leben bis ins hohe Alter oder einen markanten Auftritt in der Öffentlichkeit. Solche Beispiele werden Sie leicht ergänzen können. Meist gibt es Rezepte sogar gleich mehrfach, da sollte doch für jeden ist das richtige dabei sein. Allerdings gibt es auch Risiken und Nebenwirkungen. Sie reichen von der Enttäuschung, dass es mit dem Zusammen mischen von Zutaten alleine nicht getan ist bis hin zu der Erkenntnis, dass die Rezepte der je eigenen Lebenssituation nicht gerecht werden können.
Letztlich werden wir einsehen, das wirkliches Leben nicht nach Rezept gelingt! Dazu braucht es vielmehr eine besondere Aufmerksamkeit für die Spuren, die davon erzählen, wie das Leben gelingt; sie zu entdecken lohnt sich.
Der weise König Salomo bittet Gott nicht um Reichtum, Macht und ein langes Leben, sondern um ein hörendes Herz, weil er spürt, dass er allein auf sich gestellt nicht in der Lage ist sein Volk zu führen. Es überfordert ihn und ist nicht um Hauruckverfahren zu bewältigen. Er erbittet deshalb ein hörendes Herz um Gottes Willen zum Wohl der ihm anvertrauten Menschen aufzuspüren. Salomo ist deshalb für uns der Inbegriff eines weisen, gottesfürchtigen und menschenfreundlichen Herrschers.
Ich gebe gerne zu, dass mich diese Bitte des Salomo umtreibt, seit ich die Erzählung zum ersten Mal gelesen habe. Natürlich fallen mir viele Verantwortliche in Politik, Gesellschaft und Kirche ein, denen ich solch ein hörendes Herz wünsche – vor allem deshalb, weil ich es so oft vermisse! Aber ich merke auch, dass mich dieses Wort selbst immer wieder neu herausfordert; aber ein hörendes Herz will erbeten sein.
Ich erinnere mich an Begegnungen, bei denen ich selber auf hörende Herzen getroffen bin. Ich erfahre solche bei Menschen, die sich mir zuwenden und mich anschauen, wenn sie mit mir reden. Schon ihr Blick zeigt Interesse und Wohlwollen. Sie verstehen auch ohne lange Erklärungen. Da war es leicht sich zu öffnen und zu erzählen - „frei von der Leber weg“.
Solche Begegnung öffnen Räume, in denen nicht die Antworten vor den Fragen stehen. Dort regiert Phantasie und nicht Macht, Barmherzigkeit und nicht Gesetz, Miteinander und nicht Gegeneinander.
So gesehen ist die Bitte Salomos gerade für uns heute zugleich ein Geschenk und eine Aufgabe.

Klaus Becker, Diözesanreferent , Lohr am Main