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Vernetzung in der globalisierten Welt

Als ob er es schon gewusst hätte, oder zumindest geahnt. Der Apostel Paulus entwickelt seine Vorstellung von einer christlichen Gemeinschaft mit dem Bild vom „Leib Christi“. Im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth schildert er diesen Leib so: Leidet ein Glied des ganzen Leibes, so leiden alle Glieder mit, und wird ein Glied geehrt, so freuen sich alle anderen mit.

Jede und jeder einzelne dieses Leibes ist ein Teil eines größeren Zusammenhanges und exis-tiert nicht unabhängig davon. So ungefähr könnten wir die Aussage des Paulus übersetzen. Dieser Leib ist stark und schwach zugleich. Anfällig für Verletzungen, denn alles, was die Schwächsten erleiden, trifft auch die Starken. Das gefällt uns eher nicht so. Lieber grenzen wir uns ab von den Leiden und Schwächen der anderen. Manchmal kann das auch wichtig sein, um überhaupt lebensfähig zu sein. Dauerhaft lässt es uns aber erstarren, wenn wir nicht spüren und zulassen, was in der Nähe und in der Ferne an Verletzungen da ist.
Mir fallen dazu die Arbeiterinnen in der Kleidungsindustrie ein, sei es in Indien, in Bangla-desch oder in anderen asiatischen Ländern. Wir tragen die dort gefertigten Hosen, Shirts und Hemden und tragen damit auch die Ausbeutung der Näherinnen mit uns herum.  Sehr langsam kommt ein Bewusstsein in Gang, dass die Bedingungen der Herstellung von Waren, die wir alle kaufen können, auch in unserer Verantwortung liegen. Die Eine-Welt-Läden versuchen hier ein Zeichen zu setzen, können aber alleine keine grundlegenden Veränderungen bewirken. Hier sind Konzerne und Kunden gefragt.
Wenn ein Glied leidet, so leiden alle anderen mit.
Die Vernetzung einzelner mit dem ganzen Leib reicht jedoch noch weiter. Sie ist nicht nur eine räumliche, eine geografische Verbundenheit, sondern auch eine zeitliche und geschichtli-che Verknüpfung. In den älteren und alten Menschen unserer Familien haben wir die Ge-schichte leibhaftig gegenwärtig. Sie tragen mit ihrer Lebensgeschichte die Erfahrungen von Kriegs- und Nachkriegszeit mit sich herum. Gerade in den letzten Lebensjahren bricht hier etwas auf, was in der aktiven Lebensphase verdeckt werden konnte. Wie war das früher? Was habe ich gesehen, erlebt, getan? Was bedrückt mich noch, welcher Schmerz kommt wieder zum Vorschein? Eine Demenzerkrankung kann diese Dimension sogar noch verstärken und stellt eine Herausforderung für die Kinder und Enkel dar.
Im Nahbereich der Familie fällt es oft sehr schwer, sich nicht gegen das Leiden der nächsten Familienmitglieder abzuschotten oder es schön zu reden. Lieber konzentrieren wir uns auf körperliche Leiden und wollen mit medizinischer Hilfe auch die schweren geistigen und seeli-schen Verletzungen unter Kontrolle bringen. Paulus ermutigt uns, die Schwachheit und Ver-letzbarkeit anzuerkennen.   
Wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle anderen mit.
Hoffentlich.
So stelle ich es mir vor, was Paulus Leib Christi nennt: Es gibt eine göttliche Lebenskraft für den Alltag und Lebensatem für Lösbares und Unlösbares in der Gemeinschaft der Glaubenden zugunsten des gesamten Kosmos. Alles ist miteinander vernetzt.   

Dr. Iris Kreile