Tatsächlich habe ich in diesem Modehaus mit freundlicher Bedienung schon einige schicke Klamotten gekauft. Trotzdem werde ich beim nächsten Besuch mal fragen, woher die wissen wollen, was ich will. Vielleicht ist der Werbetexter ein flotter Zwanziger, der gerade seine Karriere durchstartet und dessen Phantasie Purzelbäume schlägt.
Ganz bestimmt will ich kein Tempo, wie mir als männlicher Adressat unterstellt wird. Die meisten Männer, die mir in der Beratungsstelle gegenübersitzen, klagen über Leistungsdruck. Immer schneller, immer mehr. Das Leben im Sauseschritt macht krank. Den Sprintern kommt die Seele nicht mehr nach. Der Zeitforscher Karlheinz Geißler mahnt: Wer sein Leben und seine Beziehungen wieder wertschätzen will, muss lernen, sich zu "enthetzen".
Ich will auch keine Kapriolen schlagen. Im Internet finde ich zu diesem Begriff die Umschreibung: "Jemand hat höchst wunderliche Einfälle, bei denen oft hanebüchener Unsinn herauskommt." Sowas wollen Männer sich in ihrem Beruf und in ihrer Familie schon gar nicht leisten. Ich stehe lieber auf Verlässlichkeit. Dabei bin ich - wie viele meiner Geschlechtsgenossen - eugierig auf das Leben und ich liebe die Freiheit. Aber ich will keinen "Bocksprung" machen, denn das ist die Übersetzung des italienischen "capriola".
"Cooles Leben" soll ich wollen. Wenn damit gemeint ist, dass das Leben nicht nur in genormten Bahnen laufen soll, sondern bewegt und berührt, bin ich einverstanden. Authentisch, nahbar sein, menschliche Wärme ausstrahlen, das ist für mich "cool". Hinter der sogenannten Coolness verstecken sich Männer, die diese FAssade brauchen, weil sie ihre e Männlichkeit noch suchen oder im Tiefsten verunsichert sind, vor allem, wenn sie auf selbstbewusste Frauen treffen.
Dem Tempo, den Kapriolen und der Coolness setze ich entgegen: Zeit haben, Verlässlichkeit und Herzlichkeit.
Am letzten Samstag habe ich diese drei Markenzeichen moderner Männer in einer kleinen Szene beim Kauf meiner Frühstücksbrötchen erlebt. Vor mir an der Theke ein junger Vater. Hinter ihm ein Bollerwagen mit Kissen und Decke. Darin residierte sein Sohn, ungefähr eineinhalb Jahre alt. Auf meine Bemerkung "Das ist aber ein tolles Taxi" reagierte der kleine Mann mit einem langen Jaaa und einem fröhlichen Lächeln. Das stolze Strahlen in seinen Augen und in den Augen seines Vaters begleiten mich seither.
Liebe Leserinnen und Leser, sicher kennen Sie auch solche Momente mit Leuchtkraft.
Wenn ich Menschen demnächst wieder den alten aaronitischen Segen zuspreche "Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten", dann werde ich mich an den kleinen und an den großen Mann vor mir an der Theke erinnern. Ich werde meine Wünsche für Männer (und Frauen) mit dem Segen Gottes verbinden: Zeit haben, Verlässlichkeit, Herzlichkeit.
Burkhard Fecher, Gemünden
Pastoralreferent; Ehe-, Familien- und Lebensberater.