Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Wo guckst du?

Früher war es keine Frage : Die Fussballspiele sah man sich zu Hause im Wohnzimmer an, mit Erdnüsschen und Bier. Nur meine Eltern erzählten davon, dass man sich zu Zeiten, als es nur wenige Fernsehaparate gab, in der nächsten Kneipe oder beim reichen Nachbarn „Zum Gucken“ traf.
Heute ist die Frage : „Wo guckst du ?“ schon etwas differenzierter zu beantworten. Man kann Public-viewing wählen oder das Vereinsheim, einen Biergarten oder die Stammkneipe und einige Wenige sollen ja immer noch einfach zu Hause gucken. Es gibt sogar - so sagt man jedenfalls - tatsächlich Leute, die sich überhaupt keine Spiele ansehen, die einfach „frei haben“.
Wo, ob und mit wem man guckt, sagt eine Menge aus über uns. Deshalb ist die Antwort auf die Frage :“Wo guckst du?“ auch schon fast so was wie ein Bekenntnis.
Und tatsächlich behaupten ja manche Soziologen, dass der Fussball die moderne Ersatzreligion schlechthin geworden ist. Eine Religion mit allem, was dazugehört : Öffentliche Rituale mit Jubel und  Ekstase, Bekenntnissen  von Schuld ,Sünde, und Reue, Verehrung von Heiligen und Göttern.
Aschaffenburg opfert regelmäßig seine Bepflanzung am sogenannten Feier-Kreisel, der Fußballgott fordert seinen Triumph und er ist uns nicht immer gnädig.
Gleichzeitig, fast unbemerkt, feiern die christlichen Kirchen einen Heiligen, der die Frage : „Wo guckst du ?“ vielleicht auch gestellt hätte, erweitert um das Wörtchen : „Hin“. Johannes der Täufer, gerne mit ausgestrecktem Zeigefinger dargestellt, wird verehrt als einer, der hinzeigt :
Er deutet uns die Richtung, in der das Licht die Dunkelheit vertreibt : Jesus . In Scharen kam das Volk damals zu diesem seltsamen Heiligen, man lief ihm entgegen, suchte ihn auf - vielleicht ein wenig so, wie heute die Fans den Feier-Kreisel.  Auch da, wo Johannes auftrat , stand vermutlich hinterher kein Grashalm mehr aufrecht, wenn überhaupt einer dagestanden hatte, denn er bevorzugte als Aufenthaltsort die Wüste, wo er wie ein Wilder lebte und doch wie ein Star verehrt wurde. Was kann das gewesen sein, dass die Menschen an ihm so begeisterte ? Welche Worte hat er gefunden, welche Ausstrahlung hat diese Anziehung bewirkt ? Oder liefen die Menschen - so wie heute auch oft - einfach da hin, wo alle anderen hinliefen ? Mich macht der ausgestreckte Zeigefinger nachdenklich : Einer, der weiß , wo es langgeht. Das ist gefragt. Auch heute noch. Aber gibt es nicht viele Wege zum Licht ?
Die Natur zeigt uns in der Zeit um das Johannisfest herum ihr volles, pralles Leben mit  reifen , roten Johannisbeeren, Schwärmen von leuchtenden Johanniskäfern , mit heilsamem Johanniskraut , mit einem lezten Aufgebot an Spargeln und Erdbeeren. Auch sie scheint uns zuzurufen : „Schau hin !“ Aber ihr Ruf ist  leise, so leise, wie auch allmählich die Stimme des Heiligen Johannes, des „Rufers in der Wüste“ zu verhallen scheint.
Und trotzdem : „Wo guckst Du ?“  Wo suchst du nach dem Sinn deines Lebens ? Diese Frage bleibt. Feiern Sie gerne laut und fröhlich, wenn Ihnen der Fußball Spaß macht,  aber hören Sie auch auf die leisen Stimmen. Versuchen Sie  einmal, dem ausgestreckten Finger des Heiligen Johannes nachzuschauen :  Er zeigt auf das Licht, das Leben, die Fülle. Das macht Mut über manche aktuellen Aufregungen hinaus : Mut zum Leben !

 

Eva Meder-Thünemann, Gemeindereferentin